Archiv: Mannheim Gemeinsam Gestalten

Erläuterungen zu diesem Taufbezirk

Alle vier umzubenennenden kritischen Straßennamen liegen im Taufbezirk „Forschungsreisende und Personen des transkulturellen Austauschs“. Was ein Taufbezirk ist und Erläuterung zu dem speziellen Taufbezirk lesen Sie hier:

Ein Taufbezirk bezeichnet ein Gebiet, in dem alle Benennungen von Straßen, Wegen und Plätzen nach thematisch einheitlichen Kriterien vorgenommen werden sollen. Ausnahmen sind nur mit einer fundierten Begründung möglich. Fundiert ist eine Begründung insbesondere, wenn zwischen Name und Ort eine klare und öffentlich wirksame Beziehung hergestellt werden kann.

Das Thema eines Taufbezirks gründet auf dem Benennungsprozess bei der Gründung des jeweiligen Gebiets. Diese Definition ist nicht statisch, sondern entwickelt sich im Laufe der Zeit weiter. Für Neubenennungen werden inhaltliche Definitionen jeweils neu geprüft. Dabei ist insbesondere die gesellschaftliche Entwicklung zu berücksichtigen, da sich Werte und Bewertungen von Personen, Ereignissen und anderem mit der Zeit wandeln. Das Prüfergebnis ist die aktuelle thematische Definition des Taufbezirks, in die sich die neue Benennung grundsätzlich einfügen muss.

Die gültige Definition des Taufbezirks der vier kritischen Straßennamen ist: Forschungsreisende und Personen des transkulturellen Austauschs.
Die historische Entwicklung diese Taufbezirks stellt sich wie folgt dar:

Bei seiner Gründung wurde er durch die Nationalsozialisten als Taufbezirk der Kolonialpioniere, definiert und entwickelte sich ab ca. 1950 zum Taufbezirk für Forschungsreisende. Beide Personengruppen haben (im damaligen Verständnis) neue unbekannte entfernte Gebiete/Kulturen erobert oder erforscht. Der dadurch entstandene Austausch zwischen den eroberten/erforschten Gebieten sowie ihren Kulturen und den Kulturen der „Entdecker“ war von Abgrenzung, Konfrontation und insbesondere bei den Kolonialpionieren von Gewalttätigkeit und rassistischen Vorstellungen geprägt.

Heute sollen nicht mehr „Eroberer“ geehrt werden, die an Gewalttaten des Kolonialismus beteiligt waren. Vielmehr soll der Austausch zwischen den Kulturen in den Straßenneubenennungen zum Ausdruck kommen. Die Wechselwirkungen zwischen den Kulturen werden heuten als transkultureller Austausch definiert. Gerade die Berücksichtigung der „bereisten“ Gesellschaften führt dazu, dass der Taufbezirk um diese Gruppe (Personen des transkulturellen Austauschs) zu erweitern ist.

Das Konzept der Transkulturalität geht davon aus, dass moderne Kulturen im Inneren nicht homogen, sondern durch eine „Vielzahl unterschiedlicher Lebensformen und Lebensstile gekennzeichnet“ sind. Im äußeren lassen sie sich nicht von anderen eindeutig separieren. Moderne Kulturen sind miteinander verflochten, Lebensweisen überschreiten Staatsgrenzen und solche der Nationalität. Im Konzept der Transkulturalität haben Kulturen nichts mehr Trennendes, sondern Verbindendes an sich. Es entsteht aber nicht eine häufig kritisierte uniformierte Globalkultur, vielmehr eine pluralistische Gesellschaft von Individuen und Gruppen, die unterschiedlichste Elemente aus verschiedenen kulturellen Kontexten in sich tragen. Im Zusammenhang mit den Straßenbenennungen sind mit „Personen des transkulturellen Austauschs“ Denkende, Reisende, Forschende, Schriftstellende u. a., gemeint, die vom Verbindenden der Kulturen ausgingen und von friedlichen Begegnungen beim Austausch.