Archiv: Mannheim Gemeinsam Gestalten

Welche Straßennamen sind kritisch?

Der Mannheimer Gemeinderat befasst sich seit mehr als zehn Jahren damit, Straßennamen daraufhin zu prüfen, welche Rolle die Namensgeber in der Geschichte gespielt haben und mit welchem politischen Ziel die Benennung einer Straße nach ihnen später durchgesetzt wurde. Auf Grundlage wissenschaftlicher Einordnungen werden bei Bedarf Straßennamen geändert beziehungsweise mit erläuternden Informationsschildern versehen.

 

Nach Abschluss der Prüfung aller Mannheimer Straßennamen ergaben sich vier besonders kritische: Sven Hedin, Theodor Leutwein, Adolf Lüderitz und Gustav Nachtigal.

Sven Anders Hedin (1865-1952) war schwedischer Forschungsreisender und positionierte sich politisch klar für deutsche Expansion und das nationalsozialistische Regime mit seiner rassistischen und antisemitischen Haltung.

Theodor Leutwein (1849-1921) legte als Gouverneur von Deutsch-Südwestafrika (Namibia) die Grundlagen für die rassische Gesellschaft im Gefolge des Kolonialkriegs.

Adolf Lüderitz (1834-1886) war eine Schlüsselfigur der gewaltsamen deutschen Kolonialpolitik, insbesondere in Deutsch-Südwestafrika (Namibia).

Gustav Nachtigal (1834-1885) betrieb aktiv als Forschungsreisender und Reichskommissar den gewaltsamen kolonialpolitischen „Wettlauf um Afrika“.

Die Straßenbenennungen nach Leutwein, Lüderitz und Nachtigal wurden allesamt 1935 von den Nationalsozialisten vorgenommen, um die „Wegbereiter der deut-schen Kolonialmacht“ zu ehren.

 

Die Stadt Mannheim hat das Leibniz-Institut für Europäische Geschichte in Mainz mit der genaueren Prüfung der Benennung beauftragt. Die Historiker sind zu der Empfehlung gekommen, die Straßennamen zu ändern. Hier ist das vollständige Gutachten zu finden.

 

Entsprechend der Empfehlung der Experten hat die Verwaltung eine Vorlage an den Gemeinderat verfasst. Der Hauptausschuss des Gemeinderates hat die Vorlage zurückgestellt, um vor einer Beschlussfassung eine umfassende Information der Bürgerschaft zu ermöglichen. Eine Informationsveranstaltung soll – unter Einbindung des Bezirksbeirats und sobald es mit Blick auf die Maßnahmen zur Bekämpfung der Ausbreitung von Corona möglich ist – erfolgen.